Camping auf Türkisch – komplizierter als gedacht

Campieren an der einsamen Schwarzmeer-Küste nach wochenlanger Städtetour – klingt gut, ist jedoch einfacher gesagt als getan. Wieso das Campieren an der türkischen Küste eine Herausforderung ist, hört ihr in diesem Podcast.

Kategorie(n): Audio, Deutsch, Türkei

Redesigned Batumi

Als wir nach einer gefühlten Ewigkeit entlang der türkischen Küste aus dem stickigen Bus steigen müssen wir uns beim Busfahrer vergewissern, dass wir auch wirklich im Stadtzentrum von Batumi (Georgien) angekommen sind. Etwas ungeduldig wird uns erklärt, dass wir uns am gewünschten Ort befänden und jetzt unser Gepäck nehmen sollen, welches bereits neben dem Bus auf dem staubigen Asphalt liegt. Der Bus ist weiter unterwegs Richtung Tiflis und hat wegen einer kleinen Verzögerung am Zoll, ohnehin schon Verspätung. Wir, oder genauer gesagt unsere Pässe, sind daran nicht ganz unschuldig. Natürlich wollten wir beim beim Grenzübertritt aus der Türkei alles richtig machen und wechselten vorsichtshalber zwischen den beiden Grenzübergängen ein paar Dollar in die Lokale Währung Lari (GEL). Bei der Wahl der Schlange vor der Passkontrolle machten wir jedoch den entscheidenden Fehler.
Der zuständige Beamte machte seine Ineffizienz schon bei der Abfertigung der vor uns anstehenden Georgier deutlich. Als wir ihm dann unsere Pässe zeigten, kam der Prozess gänzlich zum erliegen. Stirn-runzelnd betrachtete der Beamte unsere Pässe, hielt sie gegen die Sonne und unter das Schwarzlicht. Dann verschwand er, um sich mit seinen Kollegen zu beraten.
Die Schlange hinter uns löste sich allmählich auf. Nach einer Weile kam der Beamte zurück und nach einer weiteren Vergewisserung, dass wir auch wirklich Urs und Marlene aus der Schweiz sind, räusperte er sich und meinte in feierlichem Ton: Welcome to Georgia!

Als grober Kontrast zum top-modernen georgischen Grenzgebäude, fällt uns in Batumi als Erstes der prekäre Zustand der Strassen und Gehwege auf. An vielen Stellen ist der Asphalt oder Beton aufgerissen und Gehsteige werden zu Strassengräben. Diese sind mit Wasser gefüllt und zwingen Fussgänger zum Ausweichen auf die Strasse. Dahinter türmen sich Wohnblöcke auf, vereinzelt aufgelockert durch kleine und grössere Geschäfte.
Mit Hilfe von GPS und Strassenkarte bestimmen wir kurz unsere Position (wir sind tatsächlich im Zentrum!) und suchen die vom Reiseführer empfohlene Unterkunft. In der angegebenen Strasse weiss man offenbar wohin wir wollen: Mit Fingerzeigen und Kopfnicken werden wir in einen Hinterhof verwiesen und finden uns gleich darauf in der belebten Küche des Homestays wieder. Dort weist man uns ein Doppelzimmer zu und wir werden gleich an den gedeckten Tisch gebeten. Die Familie, welche das Hostel betreibt hat gerade gekocht und da wir im richtigen Moment angekommen sind, ist es ihnen eine Freude, uns dazu einzuladen. Auf dem Tisch dampfen Schälchen voller leckerer Georgischer Spezialitäten und bevor wir uns Versehen sind unsere Gläser bereits mit Bier gefüllt, welches hier aus grossen PET-Flaschen ausgeschenkt wird. Georgische Gastfreundschaft par Excellance!
Zufrieden und begeistert von dem ersten Geschmackserlebnis in Georgien machen wir uns auf zu einem Stadtbummel.
Je näher wir an die Meerespromenade kommen umso mehr verändert sich das Bild. Ein Luxus-Hotel reiht sich an das nächste, dazwischen grosszügige Parkanlagen mit ausgefallenen Brunnen und Skulpturen. Die Architektur der Hotels verschlägt uns die Sprache. Wir können kaum beschreiben was wir hier sehen, Glas, Metall und verschiedene Formen und Farben wurden für die riesigen Anlagen in einer uns fremden Weise vereinigt. Manches erinnert uns an Hundertwasser-Bauten. Die Faszination treibt uns weiter. Zwischen den neuen Prunk-Bauten erstellen unzählige Arbeiter neue Strassen und Gehwege. Überall wird neues Kopfsteinpflaster mit ausgefallenen Mustern verlegt. Es scheint, als würde die ganze Stadt einmal umgekrempelt.
Die Kontraste bleiben jedoch riesig. Hinter bunten Fassaden entdecken wir graue Plattenbauten. Schuttberge und noch nicht verbaute Pflastersteine liegen an jeder Strassenecke. Neu gepflasterte Promenaden enden in Bau-Kratern. Männer arbeiten in sengender Hitze irgendwo auf einem improvisierten Baugerüst. Sicherheit scheint hier nicht an erster Stelle zu stehen.
Was auf der Baustelle an Sicherheitsstandards fehlt steht im groben Kontrast zur grossen Uniform-Präsenz an öffentlichen Orten. An den beliebten Treffpunkten treffen unzählige Polizisten, die meisten von ihnen sehr jung. Sie sitzen in Gruppen auf Parkbänken unterhalten sich und rauchen. Die grosse Uniform-Präsenz soll hier wohl ein Gefühl von Sicherheit vermitteln. Auf uns wirkt sie genauso drollig wie die unzähligen Life-guards im Baywatch-Stil.
Entlang der Küste wo die Bau-Arbeiten abgeschlossen sind, flanieren die Leute, verweilen in Kaffees, spielen Tischtennis oder Pool an hier aufgestellten Tischen. Man bekommt den Eindruck, dass neben der Förderung des Tourismus ebenso Wert darauf gelegt wird, den Locals etwas zu bieten. Die Stimmung entlang der Strand-Promenade erinnert an mediterrane Ausgelassenheit. Hier wurde ein neuer Ort der Begegnung geschaffen, mit zahlreichen Spazierwegen und Parkbänken und er scheint für alle offen zu stehen. Dass sich die Leute gerade hier treffen, verwundert uns nicht. Die Sorgen der nach wie vor armen Bevölkerung scheinen hier leichter ertragbar, als zwischen den bunt angemalten, aber trostlosen Soviet-Bauten, ein paar Strassen weiter, welche für viele das Zuhause bedeuten.

Die Stadt scheint besonders Türkische Touristen anzuziehen. Dies ist leicht zu erklären, denn im Gegensatz zur Türkei ist Glücksspiel hier erlaubt (Casinos schiessen wie Pilze aus dem Boden) und neben leicht bekleideten Frauen gibt es hier auch günstigen Alkohol im Überfluss.
Wir wundern uns über den Bau-Boom welcher die Stadt erfasst hat. Uns wird erklärt, dass es ein wichtiges Ziel der Regierung in Tiflis ist, Batumi (die einstige Drehscheibe für den Handel von Aserbaidschanischem Erdöl an der Schwarzmeerküste) in eine Tourismus-Perle zu verwandeln.
Am Strand entdecken wir Fahrräder welche gegen eine kleine Gebühr per Kreditkarte ausgeliehen werden können. Das Automatisierte Ausleih-System funktioniert aber leider an keiner der diversen Ausleih-Stationen. Die Tatsache, dass alle Stationen voll sind mit Fahrrädern, weist darauf hin, dass hier etwas grundsätzlich nicht funktioniert. Auch die hilfsbereiten Georgischen Passanten können hier nicht weiterhelfen und haben selbst noch nie von diesem Service Gebrauch gemacht.

Auf den Strassen fallen uns besonders die vielen neuen und teuren Autos auf. Offenbar zieht die Stadt vor allem reiche Zuzüger an. Ein Besuch im Goodwill-Einkaufszentrum bestätigt diesen Eindruck. Hier gibt es alles zu kaufen, was wir in der Türkei vermisst haben. Die Regale sind voll mit Deutschen Markenprodukten, meist mit einem Aufkleber versehen, welcher die Inhaltsstoffe auf Georgisch erklärt. Die Preise reichen hier von moderat bis absolut unverschämt. Viele deutsche Nahrungsmittel sind sehr überteuert und weisen auf eine Mehrklassen-Gesellschaft hin. Wir nutzen die Gelegenheit uns mit Proviant für das bevorstehende Trekking-Abenteuer in den Georgischen Bergen einzudecken. Hier bekommen wir die für einen mehrtägigen Wandertrip geeigneten Nahrungsmittel wie Polenta, Kartoffelpüree und Pesto, welche wir in anderen georgischen Läden vergeblich suchen.
Fasziniert von der Stadt und gleichzeitig verstört von den vielen neuen Eindrücken machen wir uns auf den Weg nach Mestia, Svaneti, dem wunderschönen Georgischen Hinterland.

Kategorie(n): Deutsch, Georgien, Wegpunkte

Sinop – Unser Office am Meer

Wie zwei herrenlose Hunde hocken wir neben dem inzwischen leeren Bus der uns hierher, nach Sinop gebracht hat, und beraten uns über unser weiteres Vorgehen. Die vorbeigehenden Busfahrer kennen offenbar keinen Camping in Sinop und das, obwohl wir ihnen fünf verschiedene Adressen von Campings, die wir vorsorglich herausgeschrieben haben, unter die Nase halten. Schliesslich, einer erbarmt sich unser und wir werden beim angeblich attraktivsten Camping der Stadt abgeladen.  Trotz genialer Lage direkt am Meer, über die vielen Krabbeltiere (die sich an den Kuhfladen natürlich überhaupt nicht stören) und die Bauarbeiten an der Infrastruktur, lässt es sich nicht hinwegsehen. Nach einer Übernachtung beschliessen wir, dass wir dringende Erholung von den hieisgen Camping-Verhältnissen brauchen und machen uns auf in die Stadt, fest entschlossen die allerbeste Unterkunft zu suchen. Ein Unterfangen, dass sich als gar nicht so leicht herausstellt. Wir finden zwar einige Pensionen die unserer Preisvorstellung entsprechen, meist aber sehr eigenartig riechen. Bei diesen aufdringlichen Geruchs-Variationen sehnen wir uns nach dem natürlichen Weidegeruch des Campings zurück. Wir merken, dass wir eine Klasse weiter oben, bei Mittelklasse-Hotels (Sterne sind hier offenbar etwas willkürlich verteilt) suchen müssen.
Da Vorsaison ist, lässt sich hier sicher was Gutes aushandeln, denken wir uns. Tatsächlich, schauen wir uns nach dem ersten Preisangebot kopfschüttelnd an, wird uns sogleich ein zweiter Preis genannt. Lassen wir uns dann das Zimmer zeigen, müssen wir meist noch einmal beteuern, dass wir verheiratet sind, um ein Doppelzimmer vorgeführt zu bekommen. Nach Prüfblick auf sanitäre Anlagen lohnt es sich, nochmals nach anderen Zimmern zu fragen. Erst dann wird uns jeweils das gezeigt, was wir uns gewünscht haben: ein Doppelzimmer im obersten Stock mit Meerblick. Erstaunlicherweise sind diese Zimmer genau gleich teuer wie die unteren, haben aber einen wunderbaren Ausblick. Da an den meisten Hotels noch irgendwelche Bauarbeiten verrichtet werden, sind diese Zimmer zusätzlich die ruhigsten.
Die Bauarbeiten sind schliesslich auch der Grund, wieso wir unser Traumzimmer zu einem Spott-Preis erstehen können:
Nach mehrstündigem Verhandeln und aushandeln wird uns das Hotel Boutique empfohlen, ein Hotel, das wir übersehen haben, da an den unteren beiden Stöcken gebaut wird. Auf der improvisierten Reception fragen wir nach, ob das Hotel geöffnet sei und man zeigt uns ein Appartment im obersten Stock. Was sich uns hier bietet ist umwerfend: eine kleine Wohnung mit zwei Doppelzimmern, Balkon mit Meerblick, Flachbildfernseher, Küche und schönen Sanitären-Anlagen. Wir handeln den Preis für das Doppelzimmer zu einem mehr als zufriedenstellenden Deal herunter. Als wir anschliessend unser Zimmer beziehen und merken, dass uns gleich die ganze Wohnung vermietet wurden, sind wir fast etwas verlegen, den Preis so weit gedrückt zu haben. Umso mehr geniessen wir das, was uns die Wohnung bietet: Ein Kühlschrank, wo Wassermelone, Bier und griechischer Salat Platz findet, eine richtige Waschmaschine, eine angenehme Duschbrause und ein Balkon wo sichs Prima Nähen und Lesen lässt und nicht zu vergessen, das Bett mit Meeresblick.
Hier wollen wir uns einmal wirklich für das Blog-schreiben und Programmieren Zeit nehmen. Abwechselnd arbeiten wir am Laptop. Wer nicht vor dem Keyboard sitzt, findet in Sinop genügend Beschäftigung. Die Stadt, auf einer Halbinsel gelegen, bietet Freiraum für so vieles, was wir in den letzten Tagen vermisst haben: einen Park zum Joggen, ein Meer, wo man trotz des Abfalls baden kann und Strassen, wo Frau ohne Kopftuch nicht auffällt.
Da unser Blog-Projekt umfangreicher ist, als anfangs gedacht, mieten wir die Wohnung gleich ein paar Tage. Die Bauarbeiten stören uns kaum. Erst als wir ein solches Schlafdefizit (wir arbeiten in Schichten, am Schluss auch nachts) haben, dass wir ganz gerne mal zwei Stunden tagsüber schlafen würden, wird uns der Lärm der Bauarbeiten zur Last. Diese sind inzwischen auf unserem Stock angelangt. Deshalb müssen wir dann auch unsere komfortable Unterkunft verlassen und das, obwohl der Blog noch nicht fertig ist. Wir ahnen, dass wir erst in Georgien die Ruhe haben werden, alles aufs Netz zu stellen.

Kategorie(n): Deutsch, Türkei, Wegpunkte

Busfahren auf Türkisch – Inebolu

Etwas über dreihundert Kilometer Küstenstrasse liegen vor uns – eine spektakuläre Strecke die mit dem hiesigen öffentlichen Verkehr nur in zwei Tagen und mit drei Umstiegen zu meistern ist. Der hiesige Verkehr heisst Dolmusch – Kleinbusse welche auf Zuwinken halten – und wir sind froh, dass wir in den letzten Tagen einen Einblick in die ungeschriebenen Verhaltensregeln erhalten haben. Marlene wird es schon in der zweiten Kurve etwas mulmig in der Magengegend. Trotzdem verfolgen wir aufmerksam mit, wie sich die Fahrgäste verlagern um rechtzeitig einspringen, beziehungsweise wegsitzen zu können.
An den unmöglichsten Orten halten wir an. Sogleich wird von allen Fahrgästen erfasst, wer einsteigt, kurz die Sitzreihen durchgescannt und nach Bedarf der Platz gewechselt. Ist es eine Frau die einsteigt, muss sie neben einer anderen Frau Platz finden, ebenso wie die Männer nur neben Männer sitzen sollten. Steigt also eine Frau zu müssen sich insbesondere die Männer, die alleine sitzen, überlegen, ob sie sich irgendwo neben einen Mann setzten könnten, damit ihr Platz frei wird. Auch Urs. Mit der Zeit stellen wir aber fest, dass wir ignoriert werden, unsere Plätze sind offenbar fix. Entweder wir gelten als verheiratet oder wir sind einfach Touristen und damit ausserhalb jeder Kategorie.
Wir passen uns trotzdem etwas an. Anstatt uns mit Gespräch, Musik oder Buch zu beschäftigen tun wir es den Einheimischen gleich und beobachten das Treiben im und um den Bus.
Die Frau vor uns muss sich übergeben. Sofort wird reagiert, eine Plastiktüte wird durch die Sitzreihen gereicht, eine ältere Frau löst der Betroffenen das Kopftuch und das fest verknotete Haar und fächert ihr frische Luft zu. Kurz darauf geht die Tür neben uns auf. Noch bevor wir uns fragen können, ob an diesem schönen Aussichtspunkt gehalten wird, wirft der Busjunge die Plastiktüte weit hinaus in die Haselnussbäume und eine Petflasche gleich hintendrein.
Der Bus holpert zum Meer herunter wo die hier weidenden Kühe einen seltsamen Kontrast zum langgezogenen Sandstrand vor türkisblauen Meer bieten. Ein Fischer steigt zu und stellt seine Rute neben die Gepäckstücke die den engen Gang im Bus säumen. Hier stehen Tüten mit riesigen Brotlaiben und halben Hühnern, Kartons bebildert mit LCD-Bildschrim aber vollgefüllt mit klapprigen kleinen Kaffeetassen und ein Käfig wo ein Ziervogel ganz verwirrt auf der Stange sitzt. Hoffentlich steigt nicht noch eine Katzenbesitzerin zu.
Der vollgepackte Bus müht sich auf der kurvenreichen Küstenstrasse wieder hinauf in die steilen Sonnenhänge. Hoch über den schroffen Felsen bietet sich uns eine atemberaubende Aussicht auf das türkisfarbene Meer und die vielen kleinen Fischerbuchten, die nur von hier aus sichtbar sind.
Besorgt um unsere Weiterreise müssen wir nie sein. An der Endstation des ersten Busses in Cide begrüsst uns ein Mann mit den Worten „Inebolu, Inebolu?“ und nach einem ersten instinktiven „no thanks“ (was wir in Istanbul gelernt haben),  müssen wir feststellen, dass wir hier gerade an den richtigen Busfahrer für die Weiterfahrt gelangt sind. Gleich hinter ihm steht eine alte Reisebekanntschaft. Die zwei deutschen Frauen mit denen wir uns am verlassenen Bahnhof in Istanbul nett unterhalten haben, sind genauso überrascht wie wir. Nach einem kurzen „was macht ihr denn hier?“ setzen wir uns in gut-türkischer Manier erst einmal zu Kaffee und Tschai hin. Es stellt sich heraus, dass wir gerade in die entgegengesetzte Richtung unterwegs sind. Weil sie von da kommen wo wir hinmüssen und vice versa können wir DOs und DONTs für die Weiterreise austauschen. Wohlwissend, dass dies wohl eine der wenigen Gelegenheiten war, bei einer Unterhaltung auch tatsächlich das fragen und sagen zu können, was wir wollen, fahren wir mit dem Bus weiter ostwärts. Kaffee und Tschai wird uns unterwegs immer wieder angeboten. Selten jedoch geht das Gespräch mit Buschauffeur und dessen Kollegen über ein paar Standardsätzte hinaus. Ist einmal klar gestellt, dass wir aus der Schweiz kommen, verlobt sind und die Türkei mögen, tritt meist ein beklemmendes Schweigen ein. Nach der Verabschiedung können wir jeweils beobachten, wie die Diskussion gleich anspringt. Offenbar bringen wir etwas Gesprächsstoff in die Gaststuben. Diese Kaffeepausen versüssen uns, im wahrsten Sinne des Wortes, die Weiterfahrt bis Sinop.

 

Kategorie(n): Deutsch, Türkei, Wegpunkte

Einsames Camping in Çakraz

Im Kleinbus an die Schwarzmeerküste werden uns die Plätze neben dem Fahrer zugewiesen und wir geniessen die abwechslungsreiche zweistündige Fahrt von einer guten Position aus. Sowohl der Busfahrer als auch wir versuchen immer wieder, ein Gespräch zu beginnen. Marlene schlägt eifrig Wörter nach die Urs benötigt, um seine Gesten mit zumindest einem Stichwort zu ergänzen. Einfacher als Worte lässt sich der Reiseproviant teilen. Der Fahrer bietet uns Wasser und Kaffee an und wir teilen unsere letzten Süssigkeiten aus Safranbolu mit ihm.
Bei der Ankunft im Küstenstädtchen Amasra werden wir sogleich von einer Mitfahrerin angefragt, ob wir eine Pension benötigen würden. Mit Geste aufs Zelt erklären wir, dass wir auf dem Camping übernachten wollen. Dahin zu gelangen erweist sich, trotz genauer GPS-Koordinaten, als besondere Herausforderung. Das GPS-Gerät teilt uns mit, dass wir noch acht Kilometer vom Camping entfernt sind. Auf der kaum befahrenen Küstestrasse ist es wohl schwierig, per Anhalter weiterzukommen und so wollen wir uns im Dorf nach Bussen erkundigen. Bei der Suche nach einer Tourismusinformation geraten wir in die Arme eines Mannes, der sich uns als höherer Gemeindebeamte vorstellt. Wir erhalten alle möglichen Auskünfte über günstige Pensionen, nicht aber eine Antwort auf unsere Frage nach dem „Camping Dolunay“. Als alle Versuche seinerseits, uns eine Unterkunft mit vier festen Wänden zu beschaffen, scheitern, ruft er einen Kollegen heran. Nach kurzer Verhandlung offerieren sie uns, dass wir auf dem schmalen Sandstreifen zwischen Touristenkaffees und Liegestühlen unser Zelt aufstellen könnten. Dankend lehnen wir ab, fragen ein letztes Mal verzweifelt nach dem Camping und schieben nach, dass wir die Angaben auf der Webseite seiner Gemeinde gefunden hätten. Jetzt erst scheints dem Mann zu dämmern und er erzählt uns, dass sich der „Camping Dolunay“ im nächsten Dorf, Çakraz befindet und wir den Bus dahin nehmen müssten. Während wir endlich zur Bushaltestelle ziehen ruft er uns noch nach, dass morgen Bazar in Amasra sei und er uns bei Tee die Touristenbrochure übergeben würde.
Der Mann ist nicht der einzige, der hier etwas dick aufträgt: In Çakraz erwartet uns nicht die beschriebene Beachbar und Camping mit Wireless dafür aber eine kleine Grasfläche am Meer, die gerade unter Motorenlärm bearbeitet wird. Wir gehen über den Campingplatz und treffen auf einen Mann der uns nach unserer Herkunft fragt. Es ist nicht der Campingwart sondern ein deutscher Philosophieprofessor, der mit seiner Frau durch die Türkei reist. Offenbar waren sie eine der ersten Gäste dieser Saison und so hat der Campingwart bei ihrer Ankunft gleich ein Duzend Arbeiter herbeibeordert um den Platz in Ordnung zu bringen.

Bei einem ersten Bad im Meer spühlen wir die Anstrengungen der Anreise ab. Abends lauschen wir bei griechischem Wein gespannt den Erzählungen des deutschen Paares, die vor 10 Jahren zu Fuss nach Jerusalem gegangen sind. Die beiden sind mittlerweile über 70 Jahre alt und haben viel Spannendes übers Reisen in der Türkei und im Nahen Osten zu erzählen. Bei den Schilderungen über Erfahrungen in der Türkei und Syrien, welche die Frau machen musste, vergeht Marlene allerdings etwas die Badelaune.

Als die bewundernswerte Reisebekanntschaft am nächsten Tag weiterzieht, fällt uns auf, dass wir als einzige westliche Gäste hier in Çakraz schon sehr auffallen. Das Bild in den zwei Strassen des Dorfes ist von Männern dominiert und die Frauen legen am und teilweise sogar im Wasser ihre Kopfbedeckung nicht ab. Erstaunlich wie sich das Auftreten der Menschen schon hier deutlch vom Nachbarstädchen Amasra unterscheidet, wo wir Frauen mit offenen Haaren und kurzärmeligem T-shirt begegnet sind. Die Leute in Çakraz begegnen uns vielleicht etwas verwundert, aber äusserst freundlich. Obwohl es hier weder Bank noch Post gibt und wir kein Internet haben, gelangen wir an alle wichtigen Informationen um weiterzukommen. Die Männer in der Gaststube am Eingang des Dorfes erklären uns mit allen erdenklichen Hilfsmitteln und Zeichen, dass die beste Verbindung für uns der Bus nach Cide ist. Dankend nehmen wir die Auskunft entgegen, verpassen dann doch beinahe den Bus, der am entscheidenden Tag zehn Minuten früher losfährt.

 

Kategorie(n): Deutsch, Türkei, Wegpunkte