Am Eingang der UNESCO-Kulturstätte Safranbolu erkennen wir, dass sich die siebenstündige Fahrt hierhin gelohnt hat. Ausgerechnet an diesem Ort, wo besonders viele gut erhaltene osmanische Häuser stehen, werden wir an die Schweiz – oder besser ein Schweizer Bergdorf – erinnert. Wir sind umgeben von Holzhäusern und traditionellen Gaststädten. Auf Entdeckungstour durch die gepflasterte Innenstadt nicken uns die älteren Bazarverkäufer wortlos zu. Diese Gelassenheit und die Ruhe in den alten Moscheen sind nach Istanbul eine Wohltat. Umso perplexer sind wir, als uns drei Jungs am Spielplatz ganz unverholen um Geld anbetteln weil wir uns offenbar auf ihr Terrain gesetzt haben.
In das Städchen scheint viel investiert worden zu sein. Die Häuser werden aufwändig restauriert und zu Hotels und Museen umfunktioniert. Auf der Tourismusinformation ist man sehr gut ausgestattet. Wir werden über alle möglichen Ausflugsziele inklusive Fahrplan aufgeklärt und erhalten sogar eine Wanderkarte. Wie wir später feststellen werden, herrscht hier am Wochenende reger Betrieb und türkische Touristen werden Carweise auf dem Dorfplatz abgeladen. Unter der Woche scheinen die Einheimischen dafür recht entspannt. Sowohl der Kellner im Restaurant als auch der Angestellte im Süsswarenladen geben uns bereitwillig Auskunft über alle möglichen Spezialitäten und lassen uns in Ruhe kosten. Der lokale Reiseintopf mit Zimt und Käse und die mit Safran bestreuten Baklava begeistern uns. Gesättigt setzen wir uns im Hotelzimmer an die Wanderplanung. Es riecht nach Holz und frischgebackenem Brot. Nur der Gesang des Muezzins erinnert uns daran, dass wir uns nicht in den Schweizer Bergen befinden. Bei genauerem Betrachten befremdet uns auch die Wanderkarte. Diese ist in einer solch schlechten Auflösung gedruckt, dass wir uns im Internet weiter über GPS-Daten und Wanderwege informieren.
Der folgende Tag soll uns zur Vorbereitung einer viertägigen Wanderung mit Zelt dienen. Die Testtour an einen nahegelegenen byzantinischen Aquädukt ist uns ein Leichtes – viel mehr fordert uns der weizenfreie vegetarische Einkauf heraus. Als wir aus dem Supermarkt, wo wir nach unserem Gefühl den gesamten Nachmittag verbracht haben, hinaustreten, sind wir total erschöpft. Im Nachhinein wird sich zwar herausstellen, dass die vermeindliche Gemüsebouillon eigentlich Knoblauchpulver und die Beutelsuppe ungeniessbar ist. Dafür werden wir aber feststellen, dass sich aus den erstandenen Haferflocken und dem Maismehl prima Fladenbrot backen lässt.
Um überhaupt kochen zu können, widmen wir uns der nächsten Herausforderung: Benzin für den Kocher tanken. Unser Wunsch löst unter dem Tankstellenpersonal und den Kaffeegästen eine Diskussion aus. Geduldig warten wir, bis alles besprochen ist. Schliesslich erhalten wir den knappen Liter Benzin der uns die nächsten Tage warmes Essen bescheren wird. Trotz Müdigkeit sortieren wir am Abend sorgfältig das nötige Trekkinggepäck aus und geben alles Übrige in der Pension zur Verwahrung.
Suche
-
Aktuelle Beiträge
Archiv
- Mai 2013 (1)
- April 2013 (3)
- Oktober 2012 (1)
- Juli 2012 (2)
- Juni 2012 (5)
- Mai 2012 (6)
Kategorien
Funktionen